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Sonntag, 27. April 2014

DAMON ALBARN / Everyday Robots

Gibt es Menschen, die mit dem Begriff "Everyday Robots" nichts anfangen können?

Immer weniger Individuen gelingt es, sich dem roboterhaften Alltag zu entziehen oder sich zumindest Nischen zu erschaffen - heutzutage noch viel schwerer als vor wenigen Jahrzehnten vor der so genannten digitalen Revolution. Also was tun, um rauszukommen aus der digitalen Falle, die ständige Erreichbarkeit und Verlust der Privatsphäre mit sich bringt? Die Anregung des Schriftstellers und früheren Vordenkers Hans-Magnus Enzensberger das Mobiltelefon wegzuwerfen, riecht nach Realitätsverweigerung, besonders wenn man die gerade von Apple veröffentlichten neuesten Absatzzahlen für das iPhone zu Rate zieht.

Wir wissen nicht, ob DAMON ALBARN sein Mobile schon entsorgt hat, aber die Textzeilen aus dem Titel "Everyday Robots", "We are everyday robots on our phones,  in the process of getting home. Looking like standing stones, out there on our own." sprechen dafür, dass Damon zumindest darüber grübelt. Und das Erkennen des "Übels" steht immer vor der Beseitigung desselben ;-).

"Everyday Robots" wurde von Albarn sicher nicht zufällig auch als Albumtitel gewählt, denn der britische Tausendsassa des Pop (Blur, Gorillaz, „The Good, the Bad & the Queen“) grübelt viel auf seinem neuen, dem ersten echten Solo-Album. Es ist ein leises, ein introvertiertes, verletzliches und wie bereits angerissen sozialkritisches Album, dessen Grundausrichtung vom vortrefflichen Artwork des Covers noch unterstrichen wird.

01. "Everyday Robots":
Der wichtigste Song des Albums beginnt mit der Zeile "They didn't know where they was going, but they knew where they was, wasn't it", einem Sample aus "The Gasser" des amerikanischen Comic-Künstlers Lord Buckley, in dem er den im 15. Jahrhundert lebenden spanischen Eroberer Álvar Núñez Cabeza de Vaca wüst beschimpft. Verbunden mit den von Albarn geschriebenen Zeilen, garniert mit schlürfendem Beat und elektronischem Fiepsen, ergibt sich daraus ein in Frage stellen der Position des Menschen in unserer aktuellen Gesellschaft. Haben wir auch nur eine Ahnung, wohin uns die dramatische technologische Entwicklung der Zukunft bringt? Ähnlich wie die spanischen Eroberer einfach in eine ihnen unbekannte Welt eindrangen, stoßen wir immer weiter in technische, ja sogar virtuelle Welten vor ohne abschätzen zu können, welche Gefahren auf uns warten.

Noch nimmt die menschliche Kommunikation im Internet mehr Volumen ein als die Kommunikation zwischen Maschinen, aber die Wachstumsraten für die Maschinen sprechen ein deutliche Sprache für eine baldige Umkehrung der Verhältnisse. Verlieren wir durch die modernen Kommunikationsmittel also womöglich die Fähigkeit miteinander zu kommunizieren und somit die Basis für eine funktionierende menschliche Gesellschaft?


Damon Albarn -- Everyday Robots - MyVideo

02. "Hostiles":
In der Sunday Times erklärte Damon, was es mit "Hostiles", deutsch "Feinde", auf sich hat: "... partly to do with the way so many people watch films where characters with no back story are just being annihilated. Look at video games - ‘hostiles’ is the name given to the enemy. They’re given no back story. There’s no humanity. Yet they’re given human shape."

Zentrales Thema des Songs ist die fortschreitende Entmenschlichung, einhergehend mit der Lähmung des Einzelnen sich dagegen zur Wehr zu setzen, sondern lieber in Lethargie und Resignation zu verfallen als hätte man eine durchzechte Nacht hinter sich. Musikalisch noch etwas reduzierter als der Opener des Albums erklingt zur sanften Stimme Damons ein maschinenartiges Geräusch, eine gezupfte Gitarre und perlende Pianoklänge. Blur-Fans werden sicher einige Parallelen zu "Out of Time" vom 2003er Album "Think Tank" erkennen.

03. "Lonely Press Play":
Wieder paart Damon elektronisches Knistern mit Klavierklängen und singt dazu Zeilen über Vereinsamung, Verlust und Trennungsschmerz. Herzrhythmusstörungen zeigen wenigstens, dass man noch am Leben ist.



04. "Mr. Tembo" (featuring The Leytonstone City Mission Choir)
Nach dem dritten Song strömt mit "Mr. Tembo" tatsächlich so etwas wie gute Laune durch den schweren melancholischen Vorhang, das das Album in seiner Gesamtheit prägt. Der Song, bei dem speziell der jubilierende Gospelchor für die gehobene Stimmung sorgt, handelt von einem verwaisten Elefantenbaby, den Mister Albarn auf einer Afrika-Reise kennenlernte - also doch nicht sooo lustig ;-)

05. "Parakeet":
Kleines Intermezzo mit einer Art akustischem Cash-Flow und lieblichem Glockenspiel.

06. "The Selfish Giant" (featuring Natasha Khan)
Getragene Molltöne und ein tiefer monotoner Beat eröffnen das Duett mit Bat for Lashes ala Natasha Khan, deren Stimme sich aber immer dezent im Hintergrund hält. Großartigste Textpassage im selbstsüchtigen Riesen: "I had a dream that you were leaving. It's hard to be a lover when the TV's on and nothing is in your eyes."

07. "You and Me" (featuring. Brian Eno):
Mehr als sieben Minuten lang resümiert Damon Albarn über seine Heroinabhängigkeit in den Neunzigern. Aber es ist kein Heroin-Song wie "Beetlebum", auch keine Abrechnung oder ein Song mit erhobenem Zeigefinger, sondern eine intime ehrliche, eher schüchterne, emotionale Rückbesinnung. Ich tippe mal das entzückende perkussive Zwischenspiel haben wir Herrn Eno zu verdanken.



08. "Hollow Ponds":
In "Hollow Pond" blickt Albarn zurück auf markante und weniger markante, aber unvergessene Stationen seines bisherigen Lebens. Eine charmante melancholische Retrospektive, die klickt und klackert und den Zuhörer "Blick zurück nach vorn" als Botschaft mit auf den Weg gibt.


09. "Seven High":
Erneutes kurzes Intermezzo. Eine Art Klang-Collage mit Klaviertönen.

10."Photographs (You are Taking Now)":
Das Lied mit dem Herzklopfen-Beat enthält ein Sample aus dem Hörbuch "The Psychedelic Experience: A Manual Based on the Tibetan Book of the Dead", einem Handbuch basierend auf dem tibetanischen Totenbuch, vom Schriftsteller und Drogen-Guru der Hippie-Generation Timothy Leary, in dem er dem Zuhörer einen LSD-Trip beschreibt.

11."The History of a Cheating Heart":
Eine akustische Gitarre, einzelne Streicher und seine unverkennbare Stimme, mehr benötigt Damon nicht für ein ergreifendes Liebeslied, das zweifelt, ob es ein solches ist.

12. "Heavy Seas of Love" (featuring. Brian Eno & The Leytonstone City Mission Choir)
Ja, man kann jubelnden Gospel mit melancholischem BritPop verknüpfen. Zu diesem famosen Stück fallen mir unweigerlich die Worte von Sven Regener ein: "Schwere See, schwere See, mein Herz".



Fazit: Albarn bündelt all seine vielfältigen musikalischen Erfahrungen zu einem betörenden Meisterwerk, das hoffentlich nicht nur Ohren und Herzen, sondern auch ein paar Köpfe erreichen wird.

Dienstag, 22. April 2014

KALLE MATTSON und BEATY HEART live im ARTHEATER in Köln [17.04.2014]

Eigentlich kommt es anders und zweitens als man denkt - was nicht immer schlecht sein muss.

Geplant war, in dieser Woche eigentlich am Mittwoch im King Georg der psychedelischen IndieRock-Band QUILT aus Boston zu lauschen. Erhöhtes Arbeitsaufkommen führte dann aber dazu, dass wir den Mittwoch cancelten und unser Augenmerk auf den Donnerstag legten, wo verdammt viele gute Bands in Köln ein Gastspiel gaben: TEXTOR im King Georg, BLOOD RED SHOES im Bürgerhaus Stollwerk und BAND OF SKULLS im Underground, um nur Einige zu nennen.

Letztere hatten wir vor kurzem bereits live gesehen, Bürgerhaus Stollwerk war mir persönlich für diesen Abend zu groß und TEXTOR der zweifelsfrei über feine Texte verfügt, klang mir zu monoton nach Kinderzimmer-Beats. Tante Google warf als weiteres Event für diesen Abend den Kanadier KALLE MATTSON als Gast im Artheater aus und nach Ansicht des nachfolgenden Videos endete die Kampfabstimmung unter Fünfen 3:2 für Kalle.

Das Artheater in Köln Ehrenfeld ist für mich trotz mehr als 20-jähriger Umtriebigkeit auf Kölner Konzertbühnen ein unbekanntes Gebiet. Etwas irritierend sind die nicht gerade dezent angebrachten Hinweise, wie man sich auf bzw. um dem Gelände zu verhalten hat: "Unterlassst: Urinieren, Erbrechen, Lärm, Flaschenwerfen, Aufenthalt in Hauseingängen und Außenbereichen!" Einerseits traurig, wenn solche Hinweise aufgehängt werden müssen, aber andererseits erinnern mich diese größtenteils in Versalien geschriebenen Hinweise an Menschen, die Hausflure mit ebensolchen pflastern.

Die Location als solche ist wirklich bezaubernd! Eine runde Theke zentral im Raum, darum einfache aber gemütliche Sitzgruppen und an Wänden und Decken jede Menge archaisch anmutende Hirschgeweihe. Das Personal ist sehr zuvorkommend, die Preise außerordentlich fair (es gibt Becks) und es gibt zwei Räume, die für Konzert bzw. Eventzwecke zur Verfügung stehen. Das heutige Konzert findet im Saal im Erdgeschoss statt, der zu unserer Überraschung heute ebenfalls bestuhlt ist, was sicher der Zuschauerzahl, die den Raum betreten, sehr entgegenkommt, denn ich zähle gerade mal 20 Besucher. Autsch, da tun einem die Künstler wirklich unendlich leid.

Kurz nach 20 Uhr betreten vier junge Herren (die Band ist eigentlich ein Trio, wird live aber von einem Bassisten unterstützt) aus London names BEATY HEART die Bühne. Mein treuer Konzertbegleiter C. hatte am Abend vorher nach der Band gegoogelt, als er den Namen auf den Tickets gelesen hatte und war auf ein einerseits irritierendes und andererseits sehr vielversprechendes Video gestoßen:



Zwei seltsame Vögel in avantgardistische Burka-Gewändern zeigen eine Art Paarungstanz. Klänge zwischen Talking Heads, WU LYF und den Beach Boys. Für C. und mich war eigentlich schon vorher klar, dass der Höhepunkt des Abends höchstwahrscheinlich die Vorband sein würde.

Und was die Londoner dann auf der Bühne an einem rhythmischen Feuerwerk abbrennen, ist tatsächlich formidabel. Der erste Song "Yadwigha's Theme" beginnt mit einer Art orientalischer Kakophonie, baut rhythmisch dann fernöstliche Klänge zu einem hypnotischen Track auf und verblüfft mit Gesangsharmonien à la Brian Wilson.



Bereits mit der zweiten Nummer "Lekka Freak out" hat mich die Band in der Tasche. Auch hier wird über den Rhythmus der Vibe transportiert. Wer dazu die Füße stillhalten kann, ist wahrscheinlich tot oder kommt zum ersten Mal mit Musik in Berührung, die sich um gängige Songstrukturen nur wenig schert. Die Kompositionen, eigentlich verschachtelt und trotzdem mit deutlich erkennbarer Melodieführung, erinnert mich stark an XTC, einer NewWave-Band aus den 80ern, deren Album "Skylarking" eigentlich in keiner gutsortierten Plattensammlung fehlen darf.



Weiter geht der spirituelle Trip mit "Get the Gurls". Was aus der Dose eher nach schwachbrüstiger Kiffermucke klingt, kommt live mit deutlich mehr Druck und Intensität und es macht pure Freude zu sehen, wie die Jungs aus der Rhythmusabteilung alle möglichen Schlagwerkzeuge bearbeiten. Irgendwie bekomme ich große Lust, mal wieder einen Trip nach Indien zu machen :-).



Das "Banana Bread" schmeckt ein wenig nach den Foals oder Vampire Weekend, was vor allem an der ähnlichen Stimmfarbe von Josh Mitchell liegt. Anschließend kommt dann endlich der Burka-Song "Kanutes Comin' Round" - der vermeintliche Höhepunkt des Abends. Aber falsch gedacht, denn der nächste Song "Yass" übertrifft das vorher Gehörte noch.



Die beiden Herren Charlie Rotberg und James Moruzzi bearbeiten nun gemeinsam verschiedenes Schlagwerk in exstatischer Manier. Ausgerechnet dieser Song ist im Netz noch nicht präsent, aber am 6ten Mai soll das Debütalbum "Mixed Blessings" erscheinen und keine Frage, wer einer der ersten Käufer dieses Debüts sein wird. Der letzte Song "Seafood" bestätigt, dass da im Mai etwas ziemlich Einzigartiges und künstlerisch Wertvolles erscheint, womit wir dann beim eigentlichen Haupt-Act des Abends wären.


Genau daran, am künstlerisch Auffälligem, haperte es nämlich beim Auftritt des Kanadiers KALLE MATTSON. Mit fünf Mann vermag es Kalle nur in wenigen Momenten ein Licht zu entzünden, und das, obwohl ich gerade noch bei BEATY HEART in Flammen stand! Die Songs sind zu austauschbar, weil die Melodien zu oft über den Marktplatz der Popmusik getrieben wurden. Wenn Kalle mit der Mundharmonika agiert, wandelt er auf den Pfaden von Bob Dylan, wenn er mit der Band in rockigere Gefilde vordringt, klingt er nach Huey Lewis And The News, einer Band der ich leider noch nie etwas abgewinnen konnte, aber so gut wie nie klingt er eben nach Kalle Mattson.

Mir persönlich gefallen die Momente, in denen er nur mit seiner Gitarre und ohne Bandbegleitung deutlich besser spielt, denn hier kann man zumindest erahnen, dass ein Musiker mit eigenem künstlerischen Schaffen sich mitteilen will. Im Gegensatz zu C., der mit dem munteren Zwischenansagen von Kalle überhaupt nichts anfangen kann, finden die Damen und ich, dass Kalle durchaus Charme und das Zeug zum Erzähler hat. Sehr schön zum Beispiel die Anektode zum Tanzverbot am Karfreitag, die in dem Slogan und eigentlich potentiellen Songtitel "Footloose for Jesus" endete.


Ich weiß nicht, ob Kalle mal einen Auftritt von Scott Matthew oder Ron Sexsmith gesehen hat - letztere stammt ja ebenfalls aus Kanada - aber ich empfehle ihm mal diesen beiden Herren auf die Finger zu schauen, denn in diese Richtung kann ich mir eine Entwicklung mit mehr eigener Personality von Kalle Mattson vorstellen. Mit diesen ausgenudelten Huey Lewis- Klängen kann ich jedenfalls nichts anfangen und wer im Americana-Kontext Bläser einsetzen möchte, solle mal ins letzte Giant Sand-Album hören, denn in einem Song heute Abend dachte ich doch wirklich an einen Trompeten-Part aus der schrecklichen Welt der Schlagermusik.

Nach dem Konzert schnappe ich mir noch die Vinyl EP  Slush Puppy / Cola von BEATY HEART, trage mich in deren Newsletter ein und hoffe bald elektronische Post zur erhalten, die mir mitteilt, dass das Debüt der Londoner erschienen ist.

Vorfreude ist was Schönes!
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SETLIST Beaty Heart

01 Yadwigha's Theme
02 Lekka Freak out
03 Get the Gurls
04 Banana Bread
05 Kanutes Comin' Round
06 Yass
07 Seafood

... Danke an den Hasen für Fotounterstützung :-)

Sonntag, 13. April 2014

NEW SONGS Vol. 47: THE FAINT ... AQUILO ... ANDA VOLLEY ... FOXY SHAZAM

THE FAINT / Help in the Head ...  AQUILO / You there ... ANDA VOLLEY / Laura inside the Ghost Machine ... FOXY SHAZAM / Gonzo

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THE FAINT / Help in the Head

Nach 6 Jahren gibt es ein neues Lebenszeichen von THE FAINT. Der Weg vom poppigen Synthiesound zu immer härteren elektronischen Klängen geht weiter. "Help in the Head" hätte man vor einiger Zeit noch gut in der Schublade ElectroClash unterbringen können, was dem Song aber nicht wirklich gerecht würde, da er, obwohl vollgepackt mit elektronischen Störeffekten,  im eigentlich Kern eine brachiale Rocknummer ist.

Das komplette Album tendiert zwar auch in die gleiche Richtung, vermag mich aber nur in einzelnen Songs zu überzeugen, aber so eine richtige Album-Band waren The Faint ja eigentlich auch noch nie. Anspieltipps auf "Doom Abuse":

"Unseen Hand": blubbert schön und geizt nicht mit Beats, die man von the Prodigy kennt.
"Animal Needs":  Hallende Claps und Parolen zu harten technoiden Beats.
"Mental Radio": Großartige Songeröffnung (a bisserl bei Joy Division geklaut), Space-Sounds und New Wave der 80er Attitüde. Bester Song!

... und wie immer natürlich großartige Artwork!



Wie es sich anhört, wenn man den ElectroPunks von Prodigy die Musik klaut, ist ziemlich lustig:




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AQUILO / You there

Hinter dem portugiesischen Wort "AQUILO" (dt. dass) verbergen sich zwei Musiker aus dem englischen Silverdale mit dem schlichten Namen Tom (Higham) und Ben (Fletcher). Der Heimatrot der Beiden ist genau so wie der Klangkosmos des Duos: Sanft, sehr atmosphärisch und von schlichter Schönheit.

Frisch Verliebte und auch frisch Verlassene können sich im pianoschwülstigen, aber nie peinlichen oder kitschigem, "You there" betten. Auf der gerade erschienenen EP befinden sich noch drei weitere Songs des gleichen Kalibers. Popmusik zum Schmelzen - darf man sich ruhig ab und an auch mal gönnen - wenn sie so schön fließt wie bei Aquilo.


Directed by Harvey Pearson.
Produced By Hound Dog Pictures Productions.

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ANDA VOLLEY / Laura inside the Ghost Machine

ANDA VOLLEY ist eine Songwriterin aus Boston, die ihr selbstproduziertes Debüt-Album zum selbstwählbaren Preis anbietet (Download). Großgeworden ist die Künstlerin in einem zum Wohnmobil umgebauten Pickup, der den Nordwesten der USA bereiste. Später verbrachte sie einige Jahre auf einer Farm in Oregon und bezeichnet sich selbst als ein naturgebundenes Mädchen zum Pferdestehlen.

Diesen alternativen Lebensweg hört man nun auch deutlich auf ihrem musikalischen Debüt "Inside the Ghost Machine". Will man vergleichen, dann fällt mir sofort der im Moment ziemlich durchstartenden Mac DeMarco ein, denn auch Anda Volley hat etwas spleeniges Eigenes, was ihr eine ziemliche Unverwechselbarkeit beschert und für einen Künstler somit die halbe Miete ist.

Anspieltipps neben "Laura inside the Ghost Machine" sind:

"If I turn into a Black Rose": Stimmlich so eindringlich wie PJ Harvey, musikalisch auf das Wesentliche reduziert.

"Water is Heavy": Tricky? Nein, wieder die im Wohnwagen großgewordene Dame aus Boston.

"Idol": damit dürfte der Vergleich mit DeMarco ziemlich klar werden ;-)



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FOXY SHAZAM / Gonzo (LP)

Das Positive vorneweg:  Die Rockband FOXY SHAZAM aus Cincinnati / Ohio geben ihr fünftes selbstproduziertes Album "Gonzo'" ab sofort für umsonst an das verehrte Publikum.

"Gonzo" ist abwechslungsreich, kraftvoll und steckt voller guter Ideen, aber jetzt zum Negativen: Wer denkt, der Sound sei nur am Rechner so dumpf, muss leider feststellen, dass die tollen Songs auch nach dem Download auf einer richtigen Musikanlage und "echten" Boxen nicht viel besser klingen. Es fehlt an Dynamik trotz großartiger Bläsersätze, guten Melodien und herrlich krächzender brüchiger Stimme von Sänger Eric Sean Nally.

Getrübte Freude, aber eine Empfehlung sind Songs wie "Shoe Box", "In this Life", "Gonzo" und "Don't give in" trotzdem wert!





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Montag, 7. April 2014

NEW SONGS Vol. 46: PUP ... BRETT NEWSKI ... LYLA FOY ... BOB MOULD

PUP / Lionheart ...  BRETT NEWSKI / Dirt ... LYLA FOY / Feather Tongue ... BOB MOULD / Hey Mr. Grey

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PUP / Lionheart

Natürlich vergeben PR-Agenturen gerne Prädikate, aber das an PUP (Kurzform von „Puppy“ - im Deutschen "Welpe") vergebene Gütesiegel "Torontos beste Live-Band" kauft man dem Pressetext ohne Umschweife ab, denn das Quartett aus den Grundschulfreunden Stefan Babcock, Nestor Chumak, Steve Sladkowski und Zack Mykula spielt straighten Rock mit biestiger Punk-Attitüde. "Lionheart" verfügt darüber hinaus noch über eine exzellente Hookline, die im Ohr kleben bleibt. Gut bebrüllt Löwe!

Netter Clip! Hab gerade tierischen Drang nach einem kühlen Hopfengetränk unter Freunden. Rülps!



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BRETT NEWSKI / Dirt

BRETT NEWSKI ist ein leicht spleeniger Folksänger aus den USA, der zwei Jahre in Vietnam lebte, wo er den Großteil seiner Songs für das am 13. Mai  erscheinende Album "American Folk Armageddon" schrieb. Neben "Dirt" sind auf dem sehr abwechslungsreichen Album noch einige weitere Perlen, die es zu entdecken gibt: Puddeln bei "Lose before we gain", "The Maths" und "Vs. the World".

Brett präsentiert seinen nerdigen FolkPop vom 2. bis 29. April bei zahlreichen Konzerten in Deutschland, hat aber doch tatsächlich Köln nicht auf seiner Liste! Tzzz, falls das jemand vom King George liest, ich sehe da am 7. April noch eine Lücke!




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LYLA FOY - Feather Tongue

War ja klar, dass nachdem Lorde 2013 so abgeräumt hat, die Labels Künstler mit ähnlicher Musik an den Start bringen. LYLA FOY aus London, 25-jährige Songwriterin, wird sich mit diesem Vorwurf ganz sicher herumschlagen müssen, weil ihre Musik wirklich verdammt nahe am reduzierten sehr femininen Pop der Neuseeländerin andockt.

Bisher agierte die Britin unter dem Namen Wall, konnte mit ihrem sanften SynthiePop aber nicht wirklich Aufmerksamkeit erregen, unter neuem Namen aber mit ähnlichem Sound dürfte es wegen der Ausrichtung zum Mainstream aber besser funktionieren. Stimmlich erinnert Lyla Foy stark an Natasha Khan (Bat for Lashes), textlich geht die Engländerin aber lange nicht so tief wie ihre britische Kollegin.


Director: Oscar Hudson www.oscarhudsonfilm.co

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BOB MOULD / Hey Mr. Grey

Am 3. Juni erscheint das, wenn ich mich nicht verzählt habe, elfte reguläre Soloalbum des Mannes, der in der alternativen Rockszene erst mit Hüsker Du und dann mit Sugar Geschichte geschrieben hat. BOB MOULD wird im Oktober diesen Jahres 54, aber noch immer steckt eine unglaubliche Produktivität und Vitalität in dem Mann aus dem New York-State. Zeigte sein erstes großartiges Soloalbum "Workbook" von 1989 noch seine ruhigere Seite, als Songwriter wurden schon mit dem Nachfolger "Black Sheets of Rain" die Zeichen wieder auf erhöhtes Tempo und laute Gitarren gestellt.

Die erste Veröffentlichung aus dem kommenden Album "Beauty & Ruin" lässt nun vermuten, dass Bob Mould weiterhin den Fuß auf dem Gaspedal lässt. "Hey Mr. Grey" knüpft definitiv an alte Sugar- und sogar späte Hüsker Dü-Zeiten an. "Stay wild" lieber Mr. Mould und das letzte Album vor der Rente darf dann ruhig wieder an "Workbook" anknüpfen ;-)



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Freitag, 4. April 2014

NEW SONGS Vol. 45: THE BLACK KEYS ... PINK MOUNTAINTOPS ... BETH EDGES ... JACK WHITE

THE BLACK KEYS / Fever ...  PINK MOUNTAINTOPS / Ambulance City ... THE BETH EDGES / Pure Dynamite ... JACK WHITE / High Ball Stepper

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THE BLACK KEYS / Fever

Echt schon bald drei Jahre her, dass die BLACK KEYS in Zusammenarbeit mit Danger Mouse das fulminante Album "El Camino" herausbrachten?

Stimmt, und somit ist es nicht verwunderlich, dass Herr Auerbach und Herr Carney mit einer neuen Veröffentlichung auf sich aufmerksam machen. Der erste Apettithappen "Fever" aus dem kommenden Album "Turn Blue", welches am 9ten Mai erscheint, klingt wie ein Song aus dem vorherigen Album, will sagen, neuerfunden hat sich das Duo nicht, was aber auch bedeutet, schlecht ist der Song natürlich auch nicht.

Wieder haben die beiden sich Brian Burton ala Danger Mouse als Produzenten auserkoren, und wer die von der gefährlichen Maus produzierten Alben kennt, der weiß, dass man desen Handschrift immer erkennt. Langsam allerdings wird es für die Maus gefährlich, immer auf Altbewährtes zu setzen und das gleiche gilt auch für die Black Keys. aber vielleicht ist ja nur "Fever" so und die anderen neuen Songs pusten uns förmlich aus den Socken. Inch'Allah.



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PINK MOUNTAINTOPS / Ambulance City

Ein düsterer treibender Beat, wütender flehentlicher Gesang - kurz ganz strikter dunkler Rock in der Tradition von Joy Division (oder auf der LP stellenweise auch Pixies) - mehr braucht es nicht, um Energie in Musik umzusetzen. Die PINK MOUNTAINTOPS sind die Zweitband von Steve McBean, der mit seiner anderen Band Black Mountains dem ein oder anderen besser bekannt sein dürfte.

Das Album "Get Back" erscheint am 25. April und die Gästeliste von J Masics (Dinosaur Jr) und Daniel Allaire (Brian Jonestown Massacre) bis Gregg Foreman (Cat Power) lässt viel erhoffen.



Pink Mountaintops - "Ambulance City" (Official... von scdistribution

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THE BETH EDGES / Pure Dynamite

IndiePop im Breitwand-Sound und very very british. Perfekte Musik für die hippe Indie-Disco mit jüngerem Publikum und unverbrauchten Tanzbeinen. Was etwas fehlt ist die Unverwechselbarkeit mit anderen Bands/Songs, aber trotzdem ist "Pure Dynamite" keine Fehlzündung, sondern ein wohlgelauntes Stück IndiePop, das schon mal vorab in meine Bestenauswahl für 2014 wandert.

Und jetzt Überraschung: Die vier jungen Herren  von THE BETH EDGES stammen aus Wien und das neue Album "The Beth Edges" (by the Way: Das Cover ist schrecklich) ist nicht ihr Debüt! Also noch ein bisschen mehr von den britischen Vorbildern distanzieren und dann bin ich mir sicher, dass die BETH EDGES richtig durchstarten.



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JACK WHITE / High Ball Stepper

JACK WHITE veröffentlicht den ersten Vorgeschmack auf sein nächstes Album "Lazaretto". Der "High Ball Stepper" ist zwar "nur" eine Instrumentalnummer, aber wer sich mal zum Frühling die Ohren durchblasen lassen will, ist damit bestens bedient.

Aber noch heißt es warten, denn "Lazaretto" erscheint erst am 10. Juni und zuerst nur auf Vinyl. Und für 2015 kündigte der umtriebige Jack auch wieder ein neues Release für seine Band The Dead Weather. :-) an.




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Dienstag, 1. April 2014

ANGEL OLSEN live im King Georg [Cologne, 28.03.2014)

Sie sieht irgendwie ziemlich grimmig aus die Frau Olsen.

Ich stehe zwar vorne im King Georg, aber ANGEL OLSEN ist nicht gerade die Größte - rein körperlich - doch in Sachen emotionale Wucht ist sie ein Riese und so sehe ich zu Anfang eben nur einen Ausschnitt ihres Gesichts und wie gesagt: "Sie sieht grimmig aus die Frau Olsen".

Während Angel auf ihren ersten beiden Alben ("Half Way home" und der 12-Inch EP "Strange Cacti") in sehr reduzierten und sanften Folk-Songs ihr Herz ausschüttet, zeigt die Chicagoerin auf ihrem neuen Album "Burn Your Fire For No Witness" ihre rauere und auch deutlich lautere Seite. Aufgenommen wurde das Album innerhalb von sieben Tagen in einer entweihten Kirche, in der ein Tonstudio namens Echo Mountain sein Zuhause gefunden hat. Produziert hat den brillianten Longplayer niemand Geringeres als John Congleton, der schon für Antony and the Johnsons und Joanna Newsom maßgeschneiderte Arbeit ablieferte.

Olsen, die ja bereits durch ihre Zusammenarbeit auf zwei Alben von Bonnie »Prince« Billy auf sich aufmerksam gemacht hat, erinnert mich heute Abend im heimelichen King Georg ganz enorm an Songwriter-Legende Leonard Cohen. Speziell der Song "White Fire"  schürt Erinnerungen an das erste Album Cohens aus dem Jahr 1968.

Natürlich spielt Olsen mit ihrer dreiköpfigen Band auch die drei stärksten Songs vom neuen Album: "Unfucktheworld", "Forgiven/Forgotten" und "Hi-Five. Wenn man nur einen Funken Emotionalität in sich trägt, kann man nicht davon verschont bleiben, von der Intensität dieser Lieder gepackt zu werden. Olsen schwelgt, flüstert, haucht und bricht immer wieder aus den schwelgerischen Momenten mit nahezu brachialer Gewalt aus. Ja, es wird auch richtig gerockt.





Nach knapp 40 Minuten ändert sich das Szenario. Die Band verlässt die Bühne und Olsen in ihrem, für diese Temperaturen, dicken Pullover mit weitem Kragen und im schwarzen kurzen Rock mit dunklen Strümpfen gewandet (leider nicht die roten aus dem Video zu "Hi-Five") steht ganz alleine auf der Bühne ihre Frau, um Songmaterial aus ihren ersten Werken zu spielen. Sehr widersprüchlich, wie diese Künstlerin auf mich wirkt. Einerseits selbstbewusst und immens lange den Blickkontakt mit den Zuschauern haltend und andererseits diese offengelegte Verletzlichkeit. Faszinierend.

An Intensität lässt sich dieser zweite Teil des Konzertes auf keinen Fall überbieten. Bei zwei Songs stellen sich doch sogar meine Haare - ein untrügliches Zeichen wie Olsens Lieder unter die Haut gehen. Leider, leider spielt Angel aber nur eine handvoll Songs und nach nur 60 Minuten ist das Ereignis Olsen live zu erleben beendet. Schade, dass sie so wenig mit dem Publikum kommuniziert hat, obwohl sich das King Georg dafür doch gerade aufdrängt und auch sehr schade, dass sie sich nach dem Konzert nicht mehr im Club sehen lässt. Weil der Abend definitiv zu kurz war, kaufe ich mir ihre beiden ersten Werke auf Vinyl und verlängere so künstlich den Abend mit "Angel Hard".

Anspieltipps aus den beiden ersten Platten von Angel Olsen: